Bürgerdialog ein gelungener Auftakt zum Thema „Assistierter Suizid“

Düren. Über 100 Teilnehmer folgten der Einladung von Düren sorgsam zum Thema „Ärztlich assistierter Suizid“ im Rahmen eines Bürgerdialoges in der Marienkirche. Prof. Heinz-Jürgen Kalb, Jurist und Mitglied des Beirates der Hospizbewegung Düren-Jülich, verdeutlichte den Zuhörern das Bundesverfassungsgerichtsurteil von Februar 2020. Das Spannungsfeld, dem Schutz auf Leben ebenso Rechnung zu tragen wie einem selbstbestimmten Sterben, zeigte sich in den Ausführungen des Urteils, die die Autonomie des Menschen in den Vordergrund stellen.

Dr. Ruth Baumann-Hölzle, Theologin und Institutsleiterin von Dialog Ethik Zürich erläuterte die seit Jahren anhaltende Diskussion zur Sterbehilfe in der Schweiz. Inzwischen bieten die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas über Laienhelfer kommerziell orientierten assistierten Suizid an. Auf Nachfrage informierte Dr. Baumann-Hölzle über die Möglichkeit des freiwilligen Verzichts auf Essen und Trinken am Lebensende. Dem Blick über die Grenze folgten praxisorientierte Erfahrungsberichte der Akteure von Düren sorgsam.

Ausgehend vom Gedanken „Leben ist Geschenk-Leben ist Beziehung“ beschrieb Pfarrer Toni Straeten in eindrücklicher Weise die Begleitung eines Menschen, der das Angebot einer Sterbehilfeorganisation annahm. Dr. Detlef Struck erläuterte das den Teilnehmern vorliegende Positionspapier der Hospizbewegung zum ärztlichen Suizid. Das Positionspapier wurde vom Vorstand der Hospizbewegung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erarbeitet. Es spiegelt die lebensbejahende Grundhaltung der Hospizbewegung wider und verweist auf die Angebote der Palliativen Medizin, Palliativen Pflege, Spirituellen Begleitung und Psychosozialen Betreuung durch qualifizierte Ehrenamtliche der Hospizbewegung.

Im Gedankenaustausch mit den Anwesenden beschrieben Dr. Struck und Gerda Graf, das dem Wunsch eines Sterbenskranken respektvoll begegnet wird. Die beziehungsreiche Begleitung durch die Ehrenamtlichen wird auf Fortbestehen des Wunsches aufrechterhalten. Dennoch haben sich die Voraussetzungen dieser Beziehung Patient/Ehrenamtlicher Begleiter geändert. Der Wunsch des Patienten ist nicht alleinbestimmend für die Rolle des Ehrenamtlichen. Deshalb muss die individuelle Haltung des Ehrenamtlichen bei einer Begleitung mit Wunsch nach assistiertem Suizid ebenso respektiert und berücksichtigt werden. 

Auch wenn die Hospizbewegung die Verabreichung und Besorgung eines todbringenden Medikamentes ablehnt, bleibt Hospiz ein Versprechen, das heißt, dass wir den Sterbenden und seine Familie bis zum Lebensende begleiten.

Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger diskutierten in diesem Zusammenhang auch die Themenbereiche Einsamkeit und Wertewandel der Gesellschaft. Gerda Graf, Düren sorgsam, berichtete von einer Begegnung mit einer alten vereinsamten Dame, die im Rahmen der Sorgekultur nach Möglichkeiten der Hilfen Anfragen stellte, wenn sie einmal in ein Krankenhaus müsse. In den weiteren Überlegungen der Dame kam dann auch die Frage nach dem Ärztlich assistierten Suizid. Die angebotenen Alternativen machten sie nachdenklich.

Dr. Klaus Maria Perrar erzählte aus seiner Praxis und bezeichnete den Ärztlich assistierten Suizid als Möglichkeit eines nichtaushaltbaren Leidens.

In der Diskussion ging Frau Dr. Baumann-Hölzle auf die Situation im Gesundheitswesen ein. Ein gewinnbringendes Gesundheitssystem wird nicht unbedingt den Bedürfnissen und dem Wohl des Patienten gerecht. Diese Problematik erfordert auch eine gesellschaftliche Diskussion mit der Möglichkeit einer z.B. anzustrebenden Reform im Gesundheitswesen. Zum Ende der Veranstaltung warb Dr. Baumann-Hölzle, wie auch die Anwesenden Akteure von Düren sorgsam, für einen gesellschaftlichen Aufbruch, der die Annahme des Menschen in seiner jeweiligen Lebenssituation voraussetzt und eine Sorgekultur schafft, die in eine Haltung von Mitmenschlichkeit mündet und ein Leben bis zuletzt möglich macht.

v.li.n.re.- Toni Straeten, Dr. Detlef Struck, Dr. Ruth Baumann-Hölzle, Gerda Graf, Prof. Heinz-Jürgen Kalb, Dr. Klaus Maria Perrar